Ungesättigter Kohlenwasserstoff

VerbrennungBearbeiten

Wie die meisten anderen Kohlenwasserstoffe können auch ungesättigte Kohlenwasserstoffe Verbrennungsreaktionen unterzogen werden, bei denen Kohlendioxid und Wasser bei vollständiger Verbrennung entstehen. Die Reaktionsgleichung lautet:

  • CxHy + y+4x/4O2 → y/2H2O + xCO2

In Abwesenheit von Sauerstoff geht die Verbrennung in eine unvollständige Verbrennung über und erzeugt Kohlenmonoxid und Kohlenstoff.

Die ungesättigten Kohlenwasserstoffe erzeugen leichter unvollständige Verbrennungsprodukte als die gesättigten. Daher hat die Verbrennung von ungesättigten Kohlenwasserstoffen normalerweise eine gelbe Flamme, die sich von der blauen Flamme der gesättigten Kohlenwasserstoffe unterscheidet. Dies deutet darauf hin, dass bei der Verbrennung von ungesättigten Kohlenwasserstoffen mehrstufige Mechanismen ablaufen und die Verbrennung von Kohlenstoff die gelbe Flammenfarbe hervorruft.

Da ungesättigte Kohlenwasserstoffe einen geringeren Wasserstoffgehalt haben, wird weniger Wasser produziert und die Flammenfeuchtigkeit sowie der Sauerstoffverbrauch sinken. Acetylen (Ethin) kann beispielsweise als Brennstoff verwendet werden.

Acetylenbrennstoffbehälter/-brenner, wie sie auf der Insel Bali verwendet werden

Im Vergleich zu den einfachen σ-C-C-Bindungen in den gesättigten Kohlenwasserstoffen weisen die ungesättigten eine Elektronendichte in den π-Bindungen auf, die sich nicht so stark mit der σ-Elektronendichte überschneiden. Infolgedessen ist die in einer Doppelbindung gespeicherte chemische Energie geringer als in zwei Einfachbindungen. Daher wird bei der Verbrennung von ungesättigten Kohlenwasserstoffen, bei der die Kohlenstoff-Kohlenstoff-Bindungen aufgebrochen werden, um Energie freizusetzen, weniger Energie freigesetzt als bei der Verbrennung der gleichen Molarität von gesättigten Kohlenwasserstoffen mit der gleichen Anzahl von Kohlenstoffen. Diese Tendenz ist in der Liste der Standardverbrennungsenthalpie von Kohlenwasserstoffen deutlich zu erkennen.

Anzahl der Kohlenstoffe Stoff Typ Formel Hcø(kJ/mol)
2 Ethan gesättigt C2H6 -1559.7
Ethen ungesättigt C2H4 -1410.8
Ethen ungesättigt C2H2 -1300.8
3 Propan gesättigt CH3CH2CH3 -2219.2
Propen ungesättigt CH3CH=CH2 -2058.1
Propyne ungesättigt CH3C≡CH -1938.7
4 Butan gesättigt CH3CH2CH2CH3 -2876.5
But-1-en ungesättigt CH2=CH-CH2CH3 -2716.8
But-1-yne ungesättigt CH≡C-CH2CH3 -2596.6

Elektrophile AdditionBearbeiten

Die Doppel- oder Dreifachbindungen, die in ungesättigten Kohlenwasserstoffen vorhanden sein müssen, bieten eine hohe Elektronendichte, die die Moleküle zu perfekten Orten für elektrophile Additionsreaktionen machen. Bei dieser Art von Reaktion bricht eine π-Bindung zwischen den Kohlenstoffen in 2 separate σ-Bindungen zwischen jedem Kohlenstoff und der hinzugefügten Gruppe auf. Am Mechanismus ist in der Regel ein Carbokation-Zwischenprodukt beteiligt.

typische elektrophile Additionsreaktion von Ethen

HydrierungBearbeiten

Hauptartikel: Hydrierung

Hydrierung ist die elektrophile Addition von Wasserstoffgas an ungesättigte Kohlenwasserstoffe. Das Ergebnis ist ein stärker gesättigter Kohlenwasserstoff, der aber nicht unbedingt zu einem gesättigten Kohlenwasserstoff wird. So kann z. B. bei der Halbhydrierung eines Alkins ein Alken entstehen. Dennoch muss die Gesamtzahl der π-Bindungen bei diesem Prozess abnehmen. Die π-Kohlenstoff-Kohlenstoff-Bindung ist für diesen Prozess ebenfalls notwendig.

Die Reaktionsgleichung der Hydrierung von Ethen zu Ethan lautet:

  • H2C=CH2 + H2→H3C-CH3

Die Hydrierungsreaktion erfordert in der Regel Katalysatoren, um ihre Geschwindigkeit zu erhöhen.

Die Gesamtzahl des Wasserstoffs, der einem ungesättigten Kohlenwasserstoff hinzugefügt werden kann, hängt von seinem Ungesättigtheitsgrad ab. Einem ungesättigten Kohlenwasserstoff mit der Formel CXHY können maximal 2X+2-Y Wasserstoffatome hinzugefügt werden. Dadurch wird das Molekül gesättigt.

HalogenierungBearbeiten

Hauptartikel: Halogenierung

Ähnlich wie bei Wasserstoff entsteht bei der Heterolyse von Halogen(X2) ein elektrophiles X+-Ion, das anschließend vom Elektron der π-Bindung angegriffen wird. Anders als bei Wasserstoff entstehen bei der Halogenierung statt Carbokationen in den meisten anderen Fällen Halonium-Ionen als Zwischenprodukt. Das Haloniumkation lässt dem X-Ion nur begrenzten Raum zum Angriff und verwandelt sich nur in ein trans-Produkt. Das Nettoergebnis der Halogenierung ist eine Abnahme einer π-Bindung und eine Zunahme von zwei Kohlenstoff-Halogen-σ-Bindungen an den 2 Kohlenstoffen.

Struktur eines Bromonium-Ions

Die Reaktionsgleichung für die Bromaddition von Ethen lautet zum Beispiel:

  • H2C=CH2 + Br2→H2CBr-CH2Br (trans)

Der Bromtest wird zur Prüfung der Sättigung von Kohlenwasserstoffen verwendet. Bei diesem Test wird dem unbekannten Kohlenwasserstoff Bromwasser zugesetzt; wird das Bromwasser durch den Kohlenwasserstoff entfärbt, was auf eine Halogenierungsreaktion zurückzuführen ist, so kann auf eine Ungesättigtheit des Kohlenwasserstoffs geschlossen werden. Wird er nicht entfärbt, ist er gesättigt.

Der Bromtest kann auch als Indikator für den Grad der Ungesättigtheit von ungesättigten Kohlenwasserstoffen verwendet werden. Die Bromzahl ist definiert als Gramm Brom, das mit 100 g Produkt reagieren kann. Ähnlich wie bei der Hydrierung hängt auch die Halogenierung von Brom von der Anzahl der π-Bindungen ab. Eine höhere Bromzahl bedeutet einen höheren Grad der Ungesättigtheit.

HydratationBearbeiten

Hauptartikel: Hydratationsreaktion

Die π-Bindung von ungesättigten Kohlenwasserstoffen ist auch bereit, H+ und OH- aus Wasser aufzunehmen. An der Reaktion ist in der Regel eine starke Säure als Katalysator beteiligt. Das liegt daran, dass der erste Schritt des Mechanismus der Hydratation darin besteht, dass die π-Bindung ein H+ aus der starken Säure deprotoniert, um ein Carbokation zu bilden. Das Nettoergebnis der Reaktion ist ein Alkohol.

Die Reaktionsgleichung für die Hydratation von Ethen lautet:

  • H2C=CH2 + H2O→H3C-CH2OH

Die π-Bindungen in Dreifachbindungen können unter sauren Bedingungen ebenfalls hydratisiert werden und Enole bilden. Das Enol ist jedoch kein Produkt, sondern ein Zwischenprodukt, und das Endprodukt ist ein Keton. Das Enol-Zwischenprodukt unterliegt der Tautomerisierung und bildet das stabilere Keton.

Die Reaktionsgleichung der Hydratation von Ethin zu Acetaldehyd lautet:

  • HC≡CH + H2O → H2C=CH-OH
  • H2C=CH-OH ⇌ H3C-CHO

HydrohalogenierungBearbeiten

Hauptartikel: Hydrohalogenierung
Beispiel für eine Hydrohalogenierung: Addition von HBr an ein Alken

Bei der Hydrohalogenierung wird H-X an ungesättigte Kohlenwasserstoffe addiert. Dadurch wird eine π-C=C-Bindung abgebaut und es entstehen 2 C-H- und C-X-σ-Bindungen mit 2 getrennten Kohlenstoffen. Die Bildung des intermediären Carbokations ist selektiv und folgt der Markovnikovschen Regel. Die Hydrohalogenierung von Alken führt zu Halogenalkan, und die Hydrohalogenierung von Alkin führt zu Vinylhalogenid. Die Hydrohalogenierung von Alkin ist viel langsamer als die von Alken.

Die Reaktionsgleichung der HBr-Addition an Ethen lautet:

  • H2C=CH2 + HBr→H3C-CH2Br

OxidationBearbeiten

Ozonolyse von Alken, eine Art oxidative Spaltungsreaktion. Man beachte die Aufspaltung der Doppelbindung.

Die Oxidation von ungesättigten Kohlenwasserstoffen hängt von der Stärke des Oxidationsmittels ab. Ein schwaches Oxidationsmittel führt zur Dihydroxylierung, der Aufspaltung einer π-Bindung zur Bildung von zwei σ-Bindungen mit Sauerstoff. Bei der Dihydroxylierung von Alken entsteht ein Diol und bei der Dihydroxylierung von Alkin ein vicinales Dicarbonyl.

Ein stärkeres Oxidationsmittel, zum Beispiel KMnO4 oder Ozon, führt zu einer oxidativen Spaltung. In diesem Fall bricht die π-Bindung mit der σ-Bindung, wodurch das Kohlenwasserstoffmolekül in zwei Teile gespalten wird. Der Sauerstoff verbindet sich separat mit den verbleibenden zwei π-Bindungen. Bei der oxidativen Spaltung von Alken entstehen je nach Ort der Doppelbindung Ketone oder Aldehyde, und bei der Spaltung von Alkinen entsteht Carbonsäure.

Allylische SubstitutionBearbeiten

Die π-Bindung in ungesättigten Kohlenwasserstoffen senkt die Dissoziationsenergie der allylischen C-H-Bindungen, bei denen es sich um C-H-Bindungen des Kohlenstoffs handelt, der den sp2-Kohlenstoffen benachbart ist. Infolgedessen wird die radikalische Substitutionsreaktion gegenüber den Additionsreaktionen begünstigt.

Ein Beispiel hierfür ist die NBS-Bromierungsreaktion mit Alken. Die N-Br-Bindung in NBS ist schwach, so dass sich viele freie Br-Radikale bilden werden. Das freie Radikal greift die geschwächten allylischen Wasserstoffe an und ersetzt sie durch Bromatome. Die Reaktionsgleichung lautet:

  • RCH2CH=CH2 + (CH2CO)2NBr → RCHBrCH=CH2 + RCH=CHCH2Br + (CH2CO)2N

Die Reaktion führt zur Bildung zweier Isomere, bei denen Brom an unterschiedliche Kohlenstoffe gebunden ist. Die Reaktion erfordert eine große Menge an freien Br-Radikalen anstelle von elektrophilen Br+-Ionen, die eine Additionsreaktion eingehen würden. NBS ist wichtig, um solche Bedingungen zu schaffen.

Wenn Kohlenwasserstoffgruppen an den Allylkohlenstoff gebunden sind, wird dieser Kohlenstoff stärker gesättigt sein. Nach der Zaitsev-Regel bildet dieser Kohlenstoff ein stabileres Carbokation-Zwischenprodukt. Infolgedessen kommt es zu einer allylischen Umlagerung, und die π-Bindung wandert zu diesem Kohlenstoff. Dadurch entsteht ein Hauptprodukt aus Brom, das an dem vier Bindungen von der Kohlenwasserstoffgruppe entfernten Kohlenstoff substituiert ist.

CycloadditionEdit

Hauptartikel: Cycloaddition
eine Diels-Alder-Reaktion

Bei ungesättigten Kohlenwasserstoffen können sowohl die Ringstruktur als auch die π-Bindungen den Grad der Ungesättigtheit erhöhen, wobei unter besonderen Bedingungen ein Austausch zwischen Ringstruktur und π-Bindungen stattfinden kann. So kommt es beispielsweise bei einem konjugierten Dien und einem substituierten Alken zu einer Diels-Alder-Reaktion, die ein Cyclohexen bildet. Diese Reaktion ist in der Stereochemie sehr selektiv.

Alkine können unter Verwendung von Metallkatalysatoren, z.B. Kobalt, auch eine Cycloadditionsreaktion eingehen, die als Alkin-Trimerisierung bezeichnet wird. Drei Alkine gehen eine „2+2+2“-Zyklisierungsreaktion ein und verbinden sich schnell zu einem Benzol.

Die Trimerisierung verschiedener Alkene ist normalerweise nicht selektiv, aber speziell entwickelte Katalysatoren können die Selektivität erhöhen.

Reagieren als LigandBearbeiten

Eine Abbildung des Dewar-Chatt-Duncanson-Modells der überlappenden Elektronendichte

Die delokalisierte π-Bindung in ungesättigten Kohlenwasserstoffen sorgt für eine hohe Elektronendichte, wodurch das Molekül zu einem Metallliganden werden kann. Bei einem Alken-Liganden kann die Bindungsstruktur durch das Dewar-Chatt-Duncanson-Modell beschrieben werden. In diesem Fall wird die π-Elektronendichte an die d-Orbitale des Metalls gespendet. Je stärker die Spende ist, desto stärker ist die Rückbindung vom d-Orbital des Metalls an das π*-Anti-Bindungs-Orbital des Alkens. Dieser Effekt verringert die Bindungsordnung des Alkens und vergrößert die Länge der C-C-Bindung. Infolgedessen bildet das Metall mit den beiden Kohlenstoffen eine kleine Ringstruktur.

Das DCD-Modell kann auch die Ligandenstruktur des Alkens beschreiben. Metallkomplexe können auch ein Zwischenprodukt bei der Trimerisierung von Alkinen sein, so dass Metalle Katalysatoren der Reaktion sein können.

Die Synthese von Alkenligandenkomplexen kann als elektrophile Additionsreaktion beschrieben werden.

Ähnlich wie lineare ungesättigte Kohlenwasserstoffe haben auch die Arene delokalisierte π-Bindungen, die an Metalle zur Bildung von Komplexen abgeben können. In Fällen wie Benzol spenden die Kohlenstoffe gleichmäßig Elektronendichte an das Metall, während in einigen anderen Fällen die Kohlenstoffe unterschiedlich an das Metall spenden, wodurch das Aren gebogen oder dearomatisiert wird.

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