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Abstract

Komplikationen wie Anastomosenleckagen (AL) nach kolorektalen Eingriffen sind mit einer erheblichen Morbidität verbunden. Subklinische AL können aufgrund des klinischen Verhaltens irreführend sein und stellen daher ein diagnostisches Dilemma dar. Manchmal sind radiologische Untersuchungen eine Ergänzung, können aber bei der Diagnosestellung einen Umweg darstellen. Wir stellen einen Fall von subklinischer AL vor, bei dem ein Beinahe-Fehler in der Diagnose zu einem ungünstigen Ausgang führte. Bei anfälligen Patienten müssen die Diagnoseergebnisse vor dem Hintergrund des klinischen Szenarios mit Vorsicht interpretiert werden. Chirurgen und Radiologen müssen mit den verschiedenen Erscheinungsformen postoperativer Komplikationen nach Operationen im unteren Gastrointestinaltrakt und deren Manifestationen in der Bildgebung vertraut sein.

Schlüsselwörter

anastomotische Leckage, subklinische Leckage, Kontrasteinlauf

Einführung

Kolorektale Eingriffe machen einen großen Teil der Allgemeinchirurgie aus. Trotz aller Fortschritte und präziser chirurgischer Techniken verursachen Komplikationen, einschließlich Anastomosenlecks (AL), eine erhebliche Morbidität und Mortalität. Eine lokale oder begrenzte Leckage tritt ohne alarmierende Symptome auf und wird daher als subklinisches Anastomosenleck bezeichnet. Die Computertomographie (CT) des Abdomens ist zur Methode der Wahl bei der Beurteilung von postoperativen Komplikationen geworden. Obwohl ihre Überlegenheit in solchen Fällen nicht bewiesen ist, sind menschliche Fehler bei der Befundung, die zu unzureichenden Ergebnissen führen, keine Seltenheit. Das Vertrauen in die Bildgebung als diagnostisches Mittel, das die klinische Beurteilung (aufgrund der medizinisch-rechtlichen Auswirkungen) ersetzt, ist zu einem Problem geworden.

Falldarstellung

Ein 82-jähriger Mann wurde wegen ungewöhnlicher Lethargie in die medizinische Abteilung eingeliefert. Er hatte vor sechs Wochen eine laparoskopisch assistierte anteriore Resektion mit einer abdeckenden Ileostomie für ein mittleres rektales Adenokarzinom. Die Anastomose wurde mit einem 30-mm-Rundklammergerät durchgeführt. Bei der aktuellen Vorstellung klagte er über eine erhöhte Stomaausscheidung und ungewöhnliche Müdigkeit. Die körperliche Untersuchung war unauffällig. Die hämatologischen Routineuntersuchungen ergaben ein hohes Harnstoff/Kreatinin-Verhältnis und Elektrolytanomalien. Die Behandlung der Volumen- und Elektrolytanomalien wurde eingeleitet.

In der Folge nahm der Stomaausfluss allmählich ab, und der Patient begann über Bauchschmerzen und Erbrechen zu klagen. Das chirurgische Team wurde zu diesem Zeitpunkt der Behandlung hinzugezogen. Die Röntgenaufnahmen des Abdomens zeigten dilatierte Dünndarmschlingen und mehrfache Flüssigkeitsansammlungen. Das CT-Abdomen zeigte dilatierte Dünndarmschlingen. Die kolorektale Anastomose erwies sich als intakt, ohne Anzeichen einer Leckage. Die Differentialdiagnose lautete entweder adhäsiver Darmverschluss oder Ileus aufgrund von Elektrolytanomalien. Es wurde eine nasogastrale Dekompression und eine Flüssigkeitsreanimation eingeleitet. In Erwartung einer verzögerten Genesung vor dem Hintergrund von Adhäsionen und früheren Operationen wurde eine parenterale Ernährung eingeleitet. Zunächst besserten sich die obstruktiven Symptome nach 48 Stunden, und die Stomafunktion kehrte zurück.

Bei der Wiedereinführung klarer oraler Flüssigkeiten entwickelte der Patient jedoch wiederkehrende Schmerzen und galliges Erbrechen. Um diagnostische und therapeutische Ergebnisse zu erzielen, wurde ein wasserlösliches Kontrastmittel über eine nasogastrale Sonde (NGT) verabreicht. Die Studie ergab eine Dünndarmobstruktion proximal der Ileostomie, und der Radiologe empfahl zur Bestätigung eine Kontrastmittelgabe über die Ileostomie. Ein Foley-Katheter wurde durch das Stoma eingeführt, und der Patient wurde zur Wiederholung der Untersuchung in die Abteilung für Bildgebung geschickt. Unerwarteterweise zeigte der Bericht Paravasate von Kontrastmittel in der Peritonealhöhle und im Pneumoperitoneum. Als mögliche Ursache wurde eine Perforation an der Ileostomiestelle, möglicherweise durch den Katheter, vermutet.

In Anbetracht der Ileostomie-Perforation wurde eine Notfall-Laparotomie beschlossen. Da der Primäreingriff bereits sechs Wochen zurücklag, wurde ein wasserlöslicher Kontrasteinlauf durchgeführt, um die Integrität der Anastomose zu überprüfen, bevor eine mögliche Ileostomieresektion oder -umkehrung durchgeführt wurde, falls erforderlich. Es wurde eine intakte kolorektale Anastomose mit guter rektaler Dehnung festgestellt. Es wurde angenommen, dass die Ansammlung von freiem Kontrastmittel im Becken von einer früheren Ileostomie-Perforation herrührte (Pfeil in Abbildung 1).

Abbildung 1: Kontrastmittelextravasat im Becken.

Eine erneute Mittellinien-Laparotomie wurde durchgeführt. Überraschenderweise wurde keine makroskopische Perforation sichtbar gemacht. Der Befund umfasste eine mäßige Menge hämosinöser Flüssigkeiten mit wenigen fibrinösen Adhäsionen ohne behindernde Bänder. Unten im Becken wurden normalgroße, anhaftende Dünndarmschlingen festgestellt. Diese wurden vom Chirurgen nicht gestört (kein Anastomosenleck in der Bildgebung). Die Adhäsiolyse des verbleibenden Dünndarms wurde durchgeführt und die Ileostomie rückgängig gemacht.

Der Patient wurde auf die Intensivstation verlegt und genau beobachtet. Er blieb bis zum fünften postoperativen Tag stabil, als er delirant wurde und schnelles Vorhofflimmern entwickelte. In der Laparotomiewunde wurde eine Dehiszenz festgestellt. Angesichts der komplexen chirurgischen Anamnese war eine erneute CT-Untersuchung erforderlich, um einen Überblick zu erhalten. Es zeigte sich ein ausgedehntes Pneumoperitoneum und eine randseitige Ansammlung von etwa 200 ml in der linken parakolischen Rinne. Der Patient wurde erneut in den Notfall-Operationssaal gebracht, wo eine erneute Explantation durchgeführt wurde. Bei der Eröffnung des Abdomens zeigte sich eine fäkale Peritonitis mit einem großen Defekt an der kolorektalen Anastomose, der durch Adhäsionen des Dünndarms an dieser Stelle verdeckt war. Die Anastomose wurde entfernt und ein endständiges Sigmastoma mit Verschluss des Rektumstumpfes angelegt.

Der Patient erholte sich nur langsam und wurde in eine Rehabilitationseinrichtung verlegt. Schließlich wurde er nach 14 Tagen Übergangspflege nach Hause entlassen.

Diskussion

AL bleibt die Hauptursache für Morbidität und Mortalität bei kolorektalen Eingriffen. Wenn es nicht rechtzeitig erkannt und angemessen behandelt wird, kann die Sterblichkeitsrate bis zu 50 % betragen. Ein defektes Stoma kann die Unversehrtheit der unteren gastrointestinalen Anastomose nicht garantieren.

In der Literatur sind verschiedene Anastomosenbezeichnungen und -grade beschrieben worden. Das klinische Management hängt von der anatomischen Lage, dem Grad der Leckage und der Schwere der Symptome ab. Sublinische Merkmale von begrenzten Lecks führen oft zu Verwirrung bei der Diagnose. Ein hoher Verdachtsindex und eine frühzeitige Erkennung sind der Schlüssel zu einem schnellen klinischen Management. Andernfalls kommt es zu einer klinischen Verschlechterung und zu einer weiteren Belastung für die Wirtschaft des Gesundheitssystems.

Die CT-Untersuchung ist die am leichtesten verfügbare Untersuchung für postoperative intestinale Komplikationen. Bestimmte radiologische Merkmale einer Leckage, wie Luft, Flüssigkeit oder eine Kombination aus beidem, können in seltenen Fällen vorhanden sein. Ihre diagnostische Wirksamkeit bei AL des unteren Darms ist jedoch nicht gut belegt. Die Interpretation der Bildgebung kann aufgrund postoperativer Veränderungen und anderer Störfaktoren wie Restpneumoperitoneum, Vernarbung oder entzündliche Stränge im prä-sakralen Weichteilgewebe verwirrend sein. Größe und Ausmaß des Lecks sind ein weiterer wichtiger Faktor, den es zu berücksichtigen gilt.

Der Kontrasteinlauf zeigt nicht nur die Rate und das Ausmaß des Lecks, sondern hilft auch bei der Diagnose von Phänomenen wie prä-sakralen Ansammlungen. Seine Rolle als Routineuntersuchung vor der Umkehrung eines Stomas ist immer noch fraglich, insbesondere bei klinisch unverdächtigen Patienten. Studien haben jedoch gezeigt, dass der wasserlösliche Kontrasteinlauf bei der Erkennung von Leckagen an der distalen Anastomose überlegen ist, wenn beide Verfahren eingesetzt werden.

Verschiedene Studien haben auch falsch-negative Raten von 35%-49% für die radiologische Bildgebung bei Verdacht auf Anastomosenleckagen berichtet.

In schwierigen Situationen sollte man sich auf das klinische Urteil verlassen und sich nicht allein von der Bildgebung leiten lassen, da ein negativer Scan keine endgültige Antwort ist, wenn der klinische Verdacht nicht angemessen behandelt wird.

In diesem Szenario war der Darmverschluss ein Ablenkungsmanöver (wahrscheinlich ein anhaltender Ileus aufgrund einer subklinischen Sepsis). Bei der ersten Exploration wurde kein makroskopisches Leck in der Ileostomie gefunden. Die Histologie des resezierten Präparats zeigte keine Schleimhautschäden. Ein seröser Riss deutete jedoch darauf hin, dass der Katheter einen subserösen Trakt durchquert hatte, bevor er in das Peritoneum gelangte. Die retrospektive Analyse der Bilder wurde mit der radiologischen Abteilung durchgeführt. Auf einem der Filme wurde festgestellt, dass die Spitze des Katheters die subkutane Ebene durchquert hatte (Abbildung 2). Dies erklärt den freien Kontrastmittelaustritt in die Peritonealhöhle und nicht die tatsächliche Perforation der Ileostomie-Lumina. Die Vermutung über den Ursprung des Kontrastmittels trug zum Rätsel der Diagnose bei.

Abbildung 2: Axialbild, das die Katheterspitze zeigt, die aus der subkutanen Ebene in die Peritonealhöhle eindringt

Obgleich trivial, war das Auslaufen und Sammeln von Kontrastmittel in der Nähe der Anastomosestelle beim Einlauf ein wichtiger Befund. Leider wurde dies auf frühere Paravasate durch eine Stomaperforation zurückgeführt.

Der Patient war vor kurzem wegen eines bösartigen Tumors operiert worden, und aufgrund der schlechten Ernährung und des anhaltenden Darmverschlusses war die Heilung der Anastomose bereits gefährdet. Das erhöht die Anfälligkeit für ein Leck, was wiederum die Notwendigkeit eines hohen Verdachtsindexes in dieser klinischen Situation verstärkt.

Aufgrund der vorangegangenen niedrigen anterioren Resektion waren die Dünndarmschlingen im Becken verklebt, wodurch die anfänglich geringfügige AL eingeschränkt wurde und die klassischen klinischen Merkmale fehlten. Sobald die Ileostomie rückgängig gemacht wurde und die Fäkalienableitung zum Schutz der Anastomosenintegrität nicht mehr vorhanden war, vergrößerte sich das Leck und führte zu einer Verschlechterung mit Peritonitis und abdominaler Dehiszenz.

Diagnosefehler können in jedem Bereich der Medizin auftreten. Bei der Interpretation von Studienergebnissen vor dem Hintergrund des klinischen Scharfsinns ist Vorsicht geboten. Durch eine routinemäßige Überprüfung von Scans vor Eingriffen können wir die Häufigkeit solcher Fehler verringern, und durch regelmäßiges konstruktives Feedback zu Bildgebungsergebnissen, die von den operativen Befunden abweichen, kann auch eine Datenbank für künftige Fälle erstellt werden.

Patienten mit neoplastischen Erkrankungen, die mit anderen Komorbiditäten und einem beeinträchtigten Ernährungszustand einhergehen, sind sehr anfällig für eine gestörte Heilung einer Darmanastomose. Diese Patienten sollten als gefährdet für eine subklinische Anastomose angesehen werden, insbesondere wenn die klassischen Anzeichen einer Leckage fehlen. Die postoperative Radiologie sollte in diesem Fall mit Vorsicht interpretiert werden, und ein chirurgischer Eingriff kann eine bessere diagnostische und damit auch therapeutische Methode sein.

Darüber hinaus ist das Erlernen der chirurgischen Radiologie für Chirurgen von größter Bedeutung, und ein regelmäßiges Feedback an Radiologen kann dazu beitragen, neue Präsentationen von postoperativen Komplikationen nach kolorektalen Operationen zu erkennen.

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