DAS GEHIRN VON OBEN NACH UNTEN

Moleküle, die sich aufbauen und dich zum Schlafen bringen

Wenn sich der Tag dem Ende zuneigt, verspürt man das Bedürfnis, sich hinzulegen und zu schlafen. Das Einsetzen des Schlafs, das aus der Sicht des Verhaltens so einfach erscheint, ist aus molekularer Sicht ziemlich komplex.

Anfang des 20. Jahrhunderts stellte der französische Psychologe Henri Piéron die Hypothese auf, dass langes Wachsein zur Bildung eines „Schlafgifts“ führt, das dann im Schlaf abgebaut wird. Um seine Hypothese zu testen, ließ Piéron Hunde nachts durch Paris laufen, um sie am Schlafen zu hindern. Anschließend injizierte er deren Liquor in die Gehirne anderer Hunde. Er stellte fest, dass diese anderen Hunde daraufhin länger und tiefer schliefen als gewöhnlich.

Heute wissen wir, dass die von Piéron vermuteten „hypnogenen“ (schlaffördernden) Substanzen tatsächlich existieren. Bei einigen von ihnen handelt es sich um kleine Eiweißmoleküle, die von Hirnstrukturen wie dem Hypothalamus produziert werden und die Neuronen des Wachsystems hemmen.

Aber diese Proteine sind nicht die einzigen hypnogenen Moleküle. Die Anhäufung von Serotonin in bestimmten Teilen des Gehirns während der Wachphasen trägt ebenfalls zum Einsetzen des Schlafs bei. Der Serotoninspiegel in bestimmten Bereichen des Gehirns beeinflusst auch die Stimmung. Deshalb führen bestimmte Probleme wie Depressionen und Angstzustände häufig zu Schlafstörungen. Menschen mit niedrigem Serotoninspiegel neigen auch dazu, im Laufe der Nacht weniger Zeit im erholsamen Non-REM-Schlaf zu verbringen.

Serotonin spielt auch deshalb eine wichtige Rolle im Schlaf, weil der Körper es zur Synthese von Melatonin verwendet. Melatonin wird nachts produziert und spielt eine grundlegende Rolle bei der Regulierung der biologischen Uhr des Körpers. Tatsächlich steuert Melatonin den gesamten Schlaf-Wach-Zyklus, während Serotonin spezifischer am Wachsein, an der Auslösung des Schlafs und am REM-Schlaf beteiligt ist.

Diagramm eines Melatoninmoleküls
(Atome: hellblau = Kohlenstoff, dunkelblau = Stickstoff, rot = Sauerstoff,
weiß = Wasserstoff)

Der Schlaf wird also durch zwei miteinander verbundene Prozesse ausgelöst: Die Produktion und der Aufbau von hypnogenen Substanzen im Körper, während wir wach sind, und zyklische Schwankungen von Substanzen wie Melatonin, die mit der biologischen Uhr unseres Körpers zusammenhängen.

Zu den hypnogenen Substanzen, die sich im Wachzustand bilden, gehört auch Adenosin, das seit Mitte der 1990er Jahre viel diskutiert wird.

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